03.12.2025. Seit 2022 unterstützen das Datenintegrationszentrum (DIZ) und die Biobank an der Universitätsmedizin Halle gemeinsam die medizinische Forschung am Standort. Inzwischen haben in Halle mehr als 10.000 Patientinnen und Patienten der Nutzung ihrer medizinischen Daten und Bioproben aus der Routineversorgung zugestimmt. Doch wie kommen diese Daten und Bioproben an die Forschenden? Und wie nutzen beide Einrichtungen ihre Synergien? Das erklären Dr. Melanie Zinkhan, Leitung der Biobank und Dr. Daniel Tiller, Leiter des DIZ der Universitätsmedizin Halle im Interview.
Wenn Sie Ihre Arbeiten präsentieren, treten Sie zumeist gemeinsam auf. Worin besteht Ihre Zusammenarbeit und warum lohnt sie sich?
Dr. Melanie Zinkhan: Das DIZ und die Biobank Halle sind ungefähr zeitgleich hier an der Universitätsmedizin entstanden. Von Beginn an gab es den Anspruch, Synergien zu nutzen. Beide Einrichtungen unterstützen die medizinische Forschung, das DIZ auf der Datenseite, die Biobank mit Bioproben. Ich denke, der größte Vorteil für uns ist, dass wir eine gemeinsame Patienteneinwilligung für die Nutzung von medizinischen Behandlungsdaten und Bioproben erheben. Darauf aufbauend haben wir harmonisierte Prozesse für das Einwilligungsmanagement und die Entnahme von Bioproben etabliert.
Nehmen wir an, eine Forschende möchte Daten und zugehörige Bioproben im DIZ Halle beantragen. Welche wichtigen Schritte durchlaufen die Daten ab dem Zeitpunkt der Erfassung bis zur Bereitstellung – sowohl aus DIZ- als auch aus Biobank-Sicht?
Dr. Daniel Tiller: Der Startpunkt für die Daten ist immer die Einwilligung der Patientinnen und Patienten (Broad Consent). Liegt sie vor, können auf den Stationen Daten und Bioproben erhoben und für Forschungsprojekte genutzt werden. Alle Daten, auch die Metadaten zu den Bioproben, liegen im DIZ, während die Bioproben in der Biobank lagern. Wir haben zudem eine gemeinsame Transferstelle und ein gemeinsames Antragsformular, über das Daten und Proben beantragt werden können. Für die Freigabe der Nutzungsprojekte gibt es zwei verschiedene Gremien: Beim DIZ ist es das Data Use and Access Comitee (UAC) und bei der Biobank das Biobank-Vergabekomitee. Bei gemeinsamen Anträgen nimmt die Leitung der Biobank am UAC teil, um Kenntnis über relevante Projekte zu erlangen und die Verfügbarkeit der Proben zu prüfen. Nach Bewilligung des Datennutzungsantrags durch das UAC des DIZ entscheidet das Vergabekomitee der Biobank über die Bereitstellung der Bioproben.
Wie läuft die Beantragung von Daten und Bioproben am DIZ Halle für Forschende ab?
Dr. Daniel Tiller: Es gibt zwei Wege: Über das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG), wo standortübergreifende Machbarkeitsabfragen sowie Datennutzungsanträge gestellt werden können, oder lokal über unsere REDCap-basierte Plattform. Bei einem lokalen Antrag ist die Nutzung von Bioproben möglich, bei einem Antrag über das FDPG noch nicht. Das hängt damit zusammen, dass für die Bioprobennutzung immer ein lokaler Kooperationspartner zur Verfügung stehen muss.
Dr. Melanie Zinkhan: Wenn Forschende für ihre Projekte Bioproben benötigen, machen wir üblicherweise eine Machbarkeitsanfrage in unserem Biobank-Informationssystem indem wir prüfen, welche Proben die gewünschten Kriterien erfüllen. Wenn noch Daten aus dem DIZ benötigt werden, erfolgt ein Übergang in das eben erwähnte REDCap-Formular aus dem DIZ. Dann realisieren wir die Bearbeitung der Nutzungsanträge technisch gemeinsam.
Das DIZ Halle beteiligt sich am neuen Digitalen FortschrittsHub (DigiHub) care:ecoHUB, der anders als die bisherigen Projekte der Medizininformatik-Initiative (MII) die Pflege fokussiert. Worum geht es bei diesem Projekt und welche Rolle spielt das DIZ?
Dr. Daniel Tiller: Der care:ecoHUB ist offiziell der siebte DigiHub, ist aber etwas anders entstanden als die anderen sechs DigiHubs der MII. Care:ecoHUB ist ein Teilprojekt der Innovationsregion für digitale Transformation von Pflege und Gesundheit (TPG). Ziel ist, erstmals Pflegedaten aus verschiedenen Einrichtungen zu bündeln und zu harmonisieren. Das DIZ erweitert dafür seine Aufgabe: Es integriert nicht mehr nur Daten des Uniklinikums, sondern auch Daten aus fünf Pflegeeinrichtungen in fünf Landkreisen des südlichen Sachsen-Anhalts. Dafür definieren und implementieren wir einen Pflegedatensatz. Den gibt es in dieser Form bisher nicht. Dieser Pflegedatensatz soll zunächst den Grad der Pflegebedürftigkeit aus den in den Pflegeeinrichtungen erhobenen Daten abbilden.
Zusätzlich sollen digitale Pflegeinnovationen wie Sensoren oder Exoskelette eingesetzt und vom DIZ evaluiert werden. Das Anspruchsvolle an dem Projekt ist, dass nicht nur fünf verschiedene Einrichtungen eingebunden werden, sondern auch fünf verschiedene Settings: Die Akutpflege, die stationäre Pflege, die ambulante Pflege, die häusliche Pflege und zusätzlich auch ein kommunales Gesundheitszentrum.
Welche weiteren gemeinsamen Pläne und Projekte haben Sie für die zukünftige Zusammenarbeit?
Dr. Melanie Zinkhan: Eines unserer derzeit größten Projekte ist es, den Broad Consent für Kinder und Jugendliche sowie eine zugehörige Bioprobensammlung zu etablieren.
Dr. Daniel Tiller: Am Standort Halle werden aktuell Zusatzmodule des MII-Broad Consents (z. B. Psychische Gesundheit), Patienteneinwilligungen, die im Rahmen des Modellvorhabens Genomsequenzierung erhoben werden und weitere Einwilligungsmodule für lokale Projekte, welche Bioproben auf Grundlage des MII Broad Consents sammeln, implementiert. Des Weiteren arbeiten wir daran, weitere Daten, vor allem im Bereich Onkologie zu erschließen und für die Forschung zugänglich zu machen.
Quelle: SMITH-Konsortium