Neue Datenbasis für eine bessere Gesundheitsversorgung und -forschung geschaffen

Aachen, 31.07.2023. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Digitale FortschrittsHub DISTANCE verbindet regionale Akteurinnen und Akteure, Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen. Ziel ist es, mit Patientendaten aus der regionalen Versorgung eine solide Datenbasis für die Gesundheitsforschung zu schaffen und die Patientenversorgung so langfristig zu verbessern. DISTANCE baut dabei auf die durch die Medizininformatik-Initiative (MII) geschaffenen Strukturen und bisherigen digitalen Errungenschaften auf. Den Fortschritt ihrer Arbeiten belegt das Team rund um DISTANCE an einem klinischen Anwendungsfall, der die Erforschung des sogenannten PICS-Syndroms nach intensivmedizinischer Behandlung sowie die Optimierung der intensivmedizinischen Nachsorge thematisiert. Das Besondere: Neben regionalen Versorgungseinrichtungen werden die Patientinnen und Patienten selbst über eine App direkt in das Projekt eingebunden und können so zukünftig davon profitieren. Der FortschrittsHub zieht nun nach zwei Jahren Projektlaufzeit eine erste positive Zwischenbilanz.

Forschung und Patientenversorgung können von großen Datenmengen enorm profitieren. „Erstmalig erfassen wir in Deutschland die Daten entlang des gesamten Behandlungspfads. Durch Interoperabilität, sprich verschiedene Systeme, die miteinander arbeiten können, schaffen wir eine gemeinsame Datenbasis, die allen bereitgestellt wird. Durch den Einsatz von KI ist es uns zusätzlich möglich, Prädiktoren für Verschlechterungen zu identifizieren, um künftig klinische Prozesse und Behandlungen zu optimieren“, so Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA, Verbundleiter des Projektes DISTANCE, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen sowie Vorstandsvorsitzender der DGTelemed.

„DISTANCE demonstriert erfolgreich die Machbarkeit des interoperablen Datenaustauschs und der Vernetzung zwischen Universitätsmedizin, regionaler und niedergelassener Versorgung bis hin zu den Patienten.“

Im Fokus steht dabei die digital unterstützte Nachsorge von ehemaligen Intensivpatientinnen und -patienten, die im Anschluss an ihre intensivmedizinische Versorgung häufig an kognitiven, physischen und psychischen Einschränkungen (z. B. ausgeprägte Muskelschwäche, Gedächtnis- und Angststörungen) leiden. Diese Symptombilder werden unter dem sogenannten „post-intensive care syndrom“ (kurz PICS) subsummiert. „Neben deutlichen Einbußen in der Lebensqualität sind oftmals eine stationäre Langzeitbehandlung und eine ambulante Nachsorge erforderlich“, ergänzt Marx. „An dieser Stelle möchten wir mit DISTANCE helfen, die Versorgung zu verbessern.“

Herzstück des Projektes – der „Digital Hub“

Innerhalb der MII wurde bereits die Grundlage für eine digitale Infrastruktur aufgebaut, um Patientendaten aus der Routineversorgung im universitären Bereich für die Gesundheitsforschung nutzbar zu machen. Im Rahmen des DISTANCE-Projekts wird nun der Roll-out des technischen Konzeptes auf regionale Krankenhäuser und Ärztenetze erprobt. Der „Digital Hub“ dient dabei als Grundlage für den sektorenübergreifenden, interoperablen Datenaustausch zwischen universitären Einrichtungen und den teilnehmenden Häusern der Grund- und Regelversorgung sowie den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. Im „Digital Hub“ können die Daten aus der Regelversorgung zentral gesammelt, anonymisiert und bundesweit nutzbar gemacht werden.

Als erstes Krankenhaus konnte das Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf an die Infrastruktur angeschlossen werden, die in Zusammenarbeit der Projektpartner mit der Healthcare IT Solutions GmbH und der März AG geschaffen wurde. Auch erste Testdaten konnten bereits übermittelt werden. Die anderen Projektpartner werden nun sukzessive folgen.

Einbindung der Patientinnen und Patienten

Mit der PICOS-App (Post Intensive Care Outcome Surveillance) wird der Infrastruktur ein weiterer wichtiger Datenpool hinzugefügt. Mit Hilfe der App dokumentieren ehemalige Intensivpatientinnen und -patienten ihren psychischen und physischen Gesundheitsstatus. Die Daten können durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte eingesehen sowie in anonymisierter Form für die Forschung verfügbar gemacht werden.

Eine multizentrische Vorstudie ging der Entwicklung der PICOS-App voraus. Seit September 2022 wurden hierfür die Bedürfnisse und Erwartungen von Intensivpatienten in vier Kliniken aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen mittels eines validierten Fragebogens und eines Klick-Dummys erfasst.

„Es war für uns zentral, die Patientinnen und Patienten als letztliche Endnutzerinnen und Endnutzer direkt in unsere App-Entwicklung einzubeziehen“, berichtet Dr. Denise Molinnus von der Uniklinik RWTH Aachen, Administrative Leiterin des Projekts DISTANCE.

„Die ersten Rückmeldungen fielen dabei durchweg positiv aus. Die Patientinnen und Patienten sehen die App als wertvolles Selbstmanagement-Instrument und zeigen durchaus Interesse, sich in die eigene Gesundheitsversorgung einzubringen.“ Insgesamt konnten im Rahmen der Vorstudie rund 130 Patientinnen und Patienten befragt werden. Die Ergebnisse werden nun detailliert aufgearbeitet und anschließend veröffentlicht. Inzwischen steht die PICOS-App zum Download in den bekannten App-Stores – Apple Store und Google Play Store – bereit und die Pilotphase mit ersten Patientinnen und Patienten an teilnehmenden Gesundheitseinrichtungen hat begonnen.

Zukünftig können damit die Daten bereits ab der Intensivstation, aber vor allem auch anschließend, während der frühen physikalischen Reaktivierung und der späteren Erholung im familiären Umfeld, erhoben werden.

 

Quelle: DGTelemed

Weitere Informationen:

www.smith.care/de/distance