Rüdiger Pryss ist neuer Professor für Medizininformatik an der Universität Würzburg. Er beschäftigt sich mit innovativen IT-Lösungen für den Austausch und die intelligente Nutzung von Daten aus Krankenversorgung, klinischer und biomedizinischer Forschung.
Rüdiger Pryss ist neuer Professor für Medizininformatik an der Universität Würzburg. (Bild: Rüdiger Pryss)

Patienten erleben nicht selten eine regelrechte Odyssee von Arztbesuchen, bis sie die richtige Diagnose und eine optimale Therapie erhalten. Ein Grund hierfür kann sein, dass dem behandelnden Arzt wichtige Patientendaten fehlen oder er zu wenige Informationen über vergleichbare medizinische Fälle hat. Patienten und Ärzte könnten also entscheidend profitieren, wenn alle relevanten Gesundheitsdaten des Patienten, alle für eine Krankheit verfügbaren Forschungsdaten und das dazugehörige Fach- und Erfahrungswissen intelligent verknüpft zur Verfügung stünden.

Praxisorientiertes Wissen aus Daten ableiten

Zur Erforschung eines solchen digital vernetzten Gesundheitssystems wurde zum Wintersemester 2019/20 die Professur für Medizininformatik an der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) im Rahmen der Medizininformatk-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) neu eingerichtet. Das BMBF unterstützt bundesweit mit rund 160 Millionen Euro  leistungsstarke, interdisziplinäre Konsortien in der Medizininformatik. Damit will es langfristig Ärzte und Forscher besser in die Lage versetzen, aus intelligent verknüpften Forschungs- und Behandlungsdaten praxisorientiertes Wissen abzuleiten.

Professor Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät der JMU und Präsident des Medizinischen Fakultätentages, hebt die Bedeutung der Digitalisierung in der Medizin hervor: „Das Bild des Mediziners wandelt sich durch die digitalen Möglichkeiten in sehr vielfältiger Weise und auch an vielen Stellen der modernen Gesellschaft. Die Universitätsmedizin in Deutschland muss in Forschung und Lehre diesem Wandel gerecht werden. Mit der neu geschaffenen Professur für Medizininformatik wollen wir in diese Richtung gehen, um die Disziplinen in Forschung und Lehre näher zusammenzubringen.“

Interdisziplinär agieren

An der JMU wird Rüdiger Pryss seine bisherigen Forschungsschwerpunkte zu fortschrittlichen IT-Expertensystemen für den Gesundheitsbereich vertiefen. „Vor allem im Bereich der Versorgungsforschung möchte ich meine bisherige Forschung zu Mobile Health (kurz mHealth) einbringen“, erklärt der Medizininformatiker.

mHealth-Systeme können neuartige Daten in sehr kurzer Zeit erfassen und die gewonnenen Daten auch mit komplexen Queraspekten in Bezug setzen, erklärt Pryss. Auf diese Weise können in der Versorgungsforschung neue Fragestellungen adressiert, aber auch bestehende Forschungsergebnisse weiter untersucht werden, beispielsweise in der Forschung zu Herzinsuffizienz oder Schlaganfall.

„Die hervorragende Interdisziplinarität des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biometrie sowie der Universität Würzburg als auch eine exzellente Informatik vor Ort runden die Möglichkeiten ab, um eine konkurrenzfähige und nachhaltige Versorgungsforschung aus Sicht eines Medizininformatikers zu verfolgen“, sagt Rüdiger Pryss.

Professor Peter Heuschmann, Vorstand des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biometrie, freut sich, „mit Rüdiger Pryss eine international ausgewiesene Persönlichkeit für den Standort Würzburg gewonnen zu haben“. Für eine der größten Herausforderungen in der Versorgungsforschung hält Heuschmann die Aufgabe, „den Bogen zu spannen, um einerseits den Einsatz mobiler Lösungen für die Versorgungsforschung zu untersuchen und andererseits die neuartigen Daten mit modernen Analyseverfahren auszuwerten. Dieses Vorhaben wollen wir auf interdisziplinäre Weise mit der neu geschaffenen Professur für Medizininformatik vorantreiben.“

Mobile Anwendungen für eine bessere Patientenversorgung

Mit der Medizininformatik-Professur nehmen die JMU und das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) am bundesweiten Konsortium „HiGHmed“ teil. Sie tragen zu dessen Ziel bei, durch neue medizinische Lösungen und einen übergreifenden Datenaustausch die Effizienz klinischer Forschung zu steigern und die Versorgung der Patienten zu verbessern.

Das UKW wird ein medizinisches Datenintegrationszentrum aufbauen, das die technische Unterstützung für den Anwendungsfall „Kardiologie“ im Rahmen des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) umsetzen wird. Hier sollen neue Ansätze zur verbesserten Vorhersage des Krankheitsverlaufs bei Herzinsuffizienzpatienten entwickelt werden. Möglich werden soll das durch die Integration von Routinedaten aus dem Krankenhaus, Sensoren, mobilen diagnostischen Anwendungen und weiteren Langzeitdaten.

Für Professor Georg Ertl, Ärztlicher Direktor des UKW, trägt HiGHmed entscheidend dazu bei, den Patienten am UKW in Zukunft noch bessere Versorgungsleistungen anzubieten: „Mobile Anwendungen versprechen, im Klinikalltag viele Pfade, Prozeduren und Abläufe zu optimieren und neu zu definieren. Darüber hinaus wird die Möglichkeit durch mobile Anwendungen geschaffen, Patienten nicht nur in der Klinik zu überwachen, sondern auch im Alltag zu erreichen, etwa in der Nachsorge eines Klinikaufenthalts, und somit neue Möglichkeiten in der Patientenversorgung anzubieten.“ Rüdiger Pryss ergänzt: „Dabei dürfen wir in der Forschung nicht vergessen, den Patienten auch das Gefühl zu vermitteln, stets die Datenhoheit einer eingesetzten IT-Lösung zu besitzen und dies auch technisch sicherzustellen.“

 

Quelle: Pressemitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg