In Deutschland gibt es jährlich rund 10.000 neue Erblindungen, wobei 50 Prozent durch die sogenannte altersbedingte Makuladegeneration und 17 Prozent durch diabetische Retinopathie verursacht werden. Die „Intravitreale operative Medikamentenapplikation“ (IVOM) ist eine gängige Therapie zur Erhaltung oder Verbesserung des Sehvermögens bei diesen Krankheiten. Sie zählt zu den häufigsten medizinischen Eingriffen in Deutschland und wird etwa 1,5 Millionen Mal pro Jahr durchgeführt. Die Behandlungsergebnisse in der Praxis sind jedoch schlechter als in klinischen Studien und es fehlt an multizentrischen Datenerhebungen aus der täglichen Krankenhausroutine, um Behandlungsprobleme zu verstehen, bevor man sie lösen kann.
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EyeMatics ist ein Projekt, das klinische Daten von Patientinnen und Patienten, die eine IVOM-Therapie erhalten haben, aus verschiedenen Informationssystemen der Kliniken sammelt und analysiert. Es kombiniert anhand eines harmonisierten Kerndatensatzes Informationsquellen aus vier Universitätskliniken (Aachen, Greifswald, Münster und Tübingen) und von zwei Rollout-Partnern (Klinikum Chemnitz und Universitätsklinikum Leipzig). Das Projekt nutzt etablierte statistische Methoden sowie modernste Mustererkennungsverfahren der Künstlichen Intelligenz, um neue charakteristische Merkmale der oben genannten Augenerkrankungen zu identifizieren und ihren Verlauf während der IVOM-Therapie zu untersuchen.

"Mit EyeMatics schaffen wir die Voraussetzungen für eine multizentrische Datenauswertung von „Real-World“-Daten an Universitäts-Augenkliniken. Wir erhalten unter anderem Einblicke in mögliche regionale Unterschiede der untersuchten Krankheitsentitäten und können Auswertungen zu den verschiedenen Behandlungsschemata vornehmen. Forschung und Patientenversorgung werden direkt von den im Projekt etablierten Infrastrukturen profitieren. Dadurch werden wir einen großen Beitrag leisten, um die Versorgung insgesamt zu verbessern und unsere Patientinnen und Patienten in Zukunft personalisierter behandeln zu können."

Prof. Dr. Nicole Eter

Das Projekt ist eine Erweiterung der bestehenden Arbeiten der Medizininformatik-Initiative, bei der Daten aus Krankenversorgung und Forschung besser nutzbar gemacht werden sollen, um die Forschung zu stärken und die Versorgung zu verbessern. Der Mehrwert dieses Projekts besteht darin, dass eine Analyse von klinischen Daten aus der "realen Welt", die an verschiedenen Standorten generiert werden, erstmalig im Kontext der Augenheilkunde ermöglicht wird. Zusätzlich werden Patientinnen und Patienten aktiv einbezogen: zum einen mithilfe der Patientenvereinigung PRO RETINA Deutschland e.V., zum anderen über die Erhebung von „Patient Reported Outcomes“, das heißt von Patientinnen und Patienten dokumentierte Therapieergebnisse. Die zusammengeführten Daten werden im Hinblick auf verschiedene demografische und klinische Parameter, Behandlungsdaten sowie Behandlungsmuster ausgewertet.

"Für die standortübergreifende Datennutzung über fünf Bundesländer hinweg sind etablierte Standards und innovative Ansätze in der Datenverarbeitung erforderlich. Der vorliegende Use Case baut auf den bestehenden Vorarbeiten der Medizininformatik-Initiative auf und stellt neue Werkzeuge bereit, um einen Mehrwert in der Augenheilkunde zu erreichen. Wir sind erfreut darüber, dass durch den Einsatz von Medizininformatik in der Zukunft Patientinnen und Patienten eine deutlich verbesserte Sehfähigkeit erreichen könnten."

Prof. Dr. Julian Varghese

Als Beispiel für eine sinnvolle Datenaufbereitung und Nutzung im Versorgungskontext wird ein klinisches Dashboard als Demonstrator an jedem Standort eingeführt. Dies verbindet bisher voneinander getrennte IT-Systeme und visualisiert standortübergreifende Echtzeitdaten. Dies beschleunigt die Erkennung von Risikopatienten und -patientinnen sowie die Entwicklung neuer, maßgeschneiderter klinischer Leitlinien in der Augenheilkunde.

Die Zukunft der medizinischen Entwicklung liegt in der Erschließung und Nutzung von Daten. Aktuell werden vorliegende Daten aus der klinischen Routine viel zu wenig genutzt, um daraus therapierelevante Informationen abzuleiten. Um diese Daten nutzbar zu machen, bedarf es eines engen Austauschs zwischen Ärztinnen und Ärzten und Spezialistinnen und Spezialisten im Bereich Datenmanagement, Informationstechnologie und Künstlicher Intelligenz. Das Projekt EyeMatics ermöglicht es, dass standortübergreifend das Potential therapierelevanter Datenanalysen erschlossen und genutzt wird. Wir versprechen uns davon sowohl einen Nutzen für den individuellen Patienten als auch für unser Verständnis der Pathogenese und Therapie verschiedenster Augenerkrankungen insgesamt.

Prof. Dr. Andreas Stahl

Das Projekt wird voraussichtlich im März 2024 beginnen.

Leitungsteam:

Prof. Dr. Nicole Eter

Projekt Ko-Koordination, Klinische Leitung
Universitätsklinikum Münster
Klinik für Augenheilkunde
Albert-Schweitzer-Campus 1
Gebäude D15
48149 Münster

Telefon: +49 251 83-56001 
E-Mail:augenklinik@ukmuenster.de

Prof. Dr. Nicole Eter
© Universitätsklinikum Münster

Prof. Dr. Julian Varghese

Projekt Ko-Koordination, Technische Leitung
Universität Münster
Medizinische Fakultät
Institut für Medizinische Informatik

Telefon: +49 251 83 - 54714
E-Mail: julian.varghese@uni-muenster.de

Prof. Dr. Julian Varghese
© Universitätsklinikum Münster

Prof. Dr. Andreas Stahl

Klinische Ko-Leitung
Universitätsmedizin Greifswald
Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde
Ferdinand-Sauerbruch-Straße
17475 Greifswald

Telefon: +49 3834 86-5900
E-Mail: klinikleitung-augen@med.uni-greifswald.de

Prof. Stahl. © Laura Schirrmeister, 2022
Prof. Dr. Andreas Stahl
© Laura Schirrmeister, 2022