Nationale Initiativen für Gesundheitsdateninfrastrukturen aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden im Austausch

Berlin, 27.06.2023. Expertinnen und Experten dreier nationaler Initiativen kamen am 26. und 27. Juni bei einem Workshop in Berlin zusammen, um über Vorgehen, Hürden und Chancen beim Aufbau von Infrastrukturen für die Nutzung von Gesundheitsdaten für die Forschung zu diskutieren. Vertreten waren die deutsche Medizininformatik-Initiative (MII), gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Schweizer Initiative SPHN (Swiss Personalized Health Network) sowie Health-RI (Health-Research Infrastructure) aus den Niederlanden. Bei einer Abendveranstaltung mit Teilnahme der EU-Kommission wurde über Herausforderungen und Perspektiven eines gemeinsamen Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) diskutiert. Eingeladen hatte die TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., die gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag und dem Verband der Universitätsklinika die MII-Koordinationsstelle betreibt.

Die Einführung des EHDS bietet große Chancen für Versorgung und Forschung. Ein innereuropäischer Datenaustausch würde den Grundstein für eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung legen und eine Nachnutzung von Gesundheitsdaten für die Forschung ermöglichen. Um den Anforderungen an eine digitale Gesundheits- und Forschungslandschaft erfolgreich zu begegnen, ist die Entwicklung einer gemeinsamen Gesundheitsdatenarchitektur beziehungsweise einer Digitalstrategie notwendig. Im Zuge des EHDS ist es wichtiger denn je, dass Versorgung und Forschung stärker miteinander verzahnt werden. Die MII, SPHN und Health-RI haben in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden jeweils die Basis für eine dezentrale Infrastruktur und damit relevante Vorarbeiten für den EHDS geschaffen, stehen aber noch vielen Herausforderungen gegenüber.

Bei der öffentlichen Abendveranstaltung des Workshops sprach Licínio Kustra Mano, Berater für den EHDS bei der EU-Kommission, DG SANTE, über den Zeitplan für den EHDS-Rechtsrahmen. So könne das Gesetz zum EHDS voraussichtlich im nächsten Jahr verabschiedet werden. Außerdem stellte er die Verantwortlichkeiten für Datenhalter, die erwarteten Vorteile aus Nutzersicht sowie Maßnahmen zur Datenqualität dar.

Int. WS der MII zum EHDS mit SPHN und Health-RI
V.l.n.r.: Sebastian C. Semler (Medizininformatik-Initiative), Dr. Katrin Crameri (SPHN) und Dr. Jan-Willem Boiten (Health-RI) gaben bei einem gemeinsamen Workshop zum EHDS einen Überblick über die nationalen Initiativen für Gesundheitsdateninfrastrukturen aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden. Bildquelle: TMF e.V./Volkmar Otto

Vertreterinnen und Vertreter von MII, SPHN und Health-RI erörterten in verschiedenen Workshop-Sessions den aktuellen Stand des Infrastrukturaufbaus in den drei Ländern und gingen auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede ein. Dabei wurden die Themen Einwilligungserklärung (Consent), Interoperabilität, Datenaustausch (Data Sharing), rechtliche Rahmenbedingungen, Finanzierung und Nachhaltigkeit adressiert.

Voraussetzungen für einen nachhaltigen Betrieb einer Dateninfrastruktur seien eine gute Governance-Struktur, robuste Finanzierung sowie eine gesetzliche Grundlage und verantwortliche Trägerstelle, sagte Dr. Thomas Geiger, SPHN-Geschäftsführer.

Dr. Katrin Crameri, Direktorin Personalisierte Gesundheitsinformatik beim SIB Schweizerischen Institut für Bioinformatik und Direktorin SPHN Datenkoordinationszentrum, stellte die Schweizer Initiative vor und erläuterte, wie die Schweiz auch als Nicht-EU-Staat zum EHDS beitragen könne. SPHN verfolgt einen dezentralisierten Ansatz und investiert in Datenqualität und Interoperabilität überall dort, wo Gesundheitsdaten aufgenommen oder produziert werden. Ziel ist, diese verantwortungsvoll und effizient für die Sekundärnutzung zur Verfügung zu stellen.

Dr. Jan-Willem Boiten, Senior-Projektleiter Architektur bei Health-RI, gab einen Überblick über das Vorhaben der Niederlande. Health-RI werde von 2022 bis 2028 mit 69 Millionen Euro gefördert. Die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern sei sehr wichtig für den weiteren Aufbau der Infrastruktur.

Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer und Leiter der MII-Koordinationsstelle, betonte die Notwendigkeit eines „Identifier“ für die Verknüpfung von Daten innerhalb der föderiert-dezentralisierten Dateninfrastruktur. Deutschland, die Schweiz und die Niederlande befänden sich auf einem ähnlichen Weg zum EHDS II zum „Secondary Use“ von Gesundheitsdaten für Forschung und Innovation. Dies sei sehr ermutigend für die kommenden Herausforderungen und böte Chancen in einer intensivierten Zusammenarbeit.

Weitere Informationen:

Logos MII SPHN Health-RI

Pressekontakt:

Sophie Haderer, Tel.: 030 − 22 00 24 732, Mobil: 0173 4054214, E-Mail: presse@medizininformatik-initiative.de

Hintergrund:

Medizininformatik-Initiative:
Ziel der Medizininformatik-Initiative (MII) ist es, Routinedaten aus der Patientenversorgung bundesweit digital zu vernetzen und für die medizinische Forschung verfügbar zu machen, um Krankheiten zukünftig schneller und effektiver behandeln zu können. Daran arbeiten alle Einrichtungen der Universitätsmedizin Deutschlands gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Krankenkassen und Patientenvertretungen in den vier Konsortien
DIFUTURE, HiGHmed, MIRACUM und SMITH. Datenschutz und Datensicherheit haben hierbei höchste Priorität. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die MII bis einschließlich 2026 mit insgesamt über 400 Millionen Euro.

SPHN:
Das Swiss Personalized Health Network ist eine nationale Initiative unter der Federführung der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften (SAMW). In Zusammenarbeit mit dem SIB Schweizerisches Institut für Bioinformatik tragen sie zur Entwicklung, Implementierung und Validierung von koordinierten Dateninfrastrukturen bei, um gesundheitsrelevante Daten für die Forschung nutzbar zu machen. Um Gesundheitsdaten interoperabel und der Forschung zugänglich zu machen, vereint das SPHN sämtliche Entscheidungsträger der wichtigsten Institutionen aus Klinik, Forschung und Forschungsförderung.

Health-RI:
Health-RI ist die nationale niederländische Initiative zur Förderung einer integrierten Infrastruktur für Gesundheitsdaten, die für Forschende, Bürgerinnen und Bürger, Leistungserbringende und die Industrie zugänglich ist. Sie wird die optimale Nutzung von Gesundheitsdaten, Proben und Bildern sowie ein lernendes Gesundheitssystem ermöglichen und die personalisierte Gesundheit beschleunigen.