Rund 250.000 Menschen in Deutschland sind an Multipler Sklerose (MS) erkrankt. Um sie zielgenauer behandeln und Neuerkrankungen früher erkennen zu können, nutzen Forschende des Medizininformatik-Konsortiums DIFUTURE intelligente Datenanalysen.

30.05.2022. „Voll im Leben – mit MS“ – das ist das Motto des heutigen Welt-MS-Tages 2022 in Deutschland. Die Verläufe dieser Erkrankung variieren stark. Eine frühzeitige Behandlung kann den Verlauf einer MS-Erkrankung heute nachhaltig verbessern. Das erfordert jedoch eine frühe Diagnose und eine dem voraussichtlichen Verlauf der Erkrankung – mild oder schwer – angepasste Therapie. Genau hier setzt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Konsortium DIFUTURE der Medizininformatik-Initiative an.

Prof. Hemmer, Copyright: TU Neurologie
Professor Dr. Bernhard Hemmer, Direktor der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM)

„Wir analysieren standardisierte Patientendaten, um MS-Erkrankungen künftig auch in sehr frühen Stadien sicher zu entdecken und den Verlauf abzuschätzen. Dadurch können wir rechtzeitig maßgeschneiderte Therapien einleiten – und so die Aussicht der Betroffenen auf einen milden Krankheitsverlauf verbessern“, so Professor Dr. Bernhard Hemmer, Direktor der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM).  

Datenbasierte Forschung liefert neue Erkenntnisse

Das TUM-Klinikum erhebt zusammen mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), der Universität Tübingen, der Universität Ulm und dem Klinikum Augsburg zahlreiche Forschungs- und Versorgungsdaten von Menschen mit MS – von Vorerkrankungen und Symptomen, Krankheitsverläufen und Therapieerfolgen bis hin zu Bilddaten aus der Diagnostik.

„Unsere Informatiker vereinheitlichen all diese Informationen und führen sie zu einem digitalen Erfahrungsschatz zusammen, der für uns Kliniker unglaublich wertvoll ist“, so Professor Dr. Martin Boeker, Professor für Medizininformatik an der TUM und Sprecher von DIFUTURE.

„Mit modernen IT-Lösungen können wir daraus verlässliche Aussagen gewinnen – neue Erkenntnisse, die wir aus einzelnen Patientenakten niemals herauslesen könnten.“ Dabei setzt DIFUTURE auch Methoden der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens ein.

Ansatzpunkte für eine bessere MS-Diagnostik

Durch die Analyse der Daten konnte DIFUTURE nachweisen, dass viele Patientinnen und Patienten schon fünf Jahre vor ihrer MS-Diagnose ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen – mit Symptomen wir Angststörungen, depressiven Phasen oder unspezifischen Seh- und Gefühlsstörungen. Diese Symptome wurden jedoch oft nicht richtig gedeutet. „Unsere Ergebnisse können Ärztinnen und Ärzten künftig helfen, die Erkrankung auch in frühen Stadien besser zu erkennen“, sagt Hemmer.

Verlässliche Prognosen – personalisierte Therapien

Biostatistiker und Bioinformatiker spüren in dem Datenpool von DIFUTURE noch weitere wichtige Zusammenhänge auf: Unter welchen Voraussetzungen verlaufen Krankheitsverläufe ähnlich? Und welche Therapie verspricht bei welchem Verlauf die besten Ergebnisse?

„Auf der Basis unserer Datenanalysen haben wir ein Modell entwickelt, das den Verlauf einer MS-Erkrankung individuell vorhersagen soll“, so Professor Dr. Ulrich Mansmann, Direktor des Instituts für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE) der LMU.

Die Treffsicherheit dieser Vorhersagen wird in der klinischen Praxis aktuell geprüft. „Erweisen sich die berechneten Prognosen als zuverlässig, kann das Modell Ärztinnen und Ärzten künftig als digitaler Expertenberater zur Seite stehen und ihnen helfen, Menschen mit MS präziser und personalisiert zu behandeln.“

 

Quelle: PT-DLR