Neue Therapiemöglichkeiten, gleich ob Arzneimittel, Behandlungsmethoden oder andere medizinische Produkte, durchlaufen komplexe Testverfahren, zu denen auch die Durchführung von Studien zählt. Diese klinischen Studien stellen die Studienverantwortlichen oftmals vor ein Problem: Es fehlt an ausreichend Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das liegt meist nicht daran, dass identifizierte Probanden ablehnen; es fehlt eine Schnittstelle zwischen Ärztinnen und Ärzten, der Probandensuche und möglichen Probandinnen und Probanden. Der Anwendungsfall 1 des MIRACUM-Konsortiums entwickelt daher ein Rekrutierungstool, das anhand der vorhandenen Patientendaten überprüfen soll, wer für eine Studie geeignet ist.

„Die IT-gestützte Rekrutierung soll eine Vorauswahl treffen, um dem Studienarzt das Screening nach passenden Patienten zu erleichtern.“

Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch
Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Leiter des Use Case 1 des MIRACUM-Konsortiums

Prof. Prokosch

 

Bereits im zweiten Halbjahr 2019 haben die lokalen Studienregister an den MIRACUM-Standorten begonnen, Studiendaten einheitlich einzupflegen. Die Studieninformationen aus diesen lokalen Implementierungen werden zusätzlich in einem MIRACUM-weiten zentralen Studienregister erfasst, in dem wiederum Informationen zu den einzelnen Studien standortübergreifend recherchierbar sind. Das zentrale Register setzt dafür auf eine FHIR-basierte Schnittstelle, über die Studieninformationen aller lokalen Register empfangen werden können. Eine Web-Oberfläche ermöglicht die Suche nach Schlüsselwörtern sowie die Filterung nach beteiligten Zentren und Studienkategorie. Die Webseite des zentralen Registers ist unter studien.miracum.org verfügbar. Die Aktualität der Informationen wird durch automatisierte Exporte aus den lokalen Registern gewährleistet.

Bei der Umsetzung der IT-gestützten Patientenrekrutierung wird ebenfalls der FHIR-Standard verwendet: Ein FHIR-Server dient als zentrale Integrations- und Kommunikationsplattform. Ein Suchmodul setzt auf die zentralen Datenbestände der Datenintegrationszentren der MIRACUM-Standorte auf, um zu bestimmen, welche der aktuell aufgenommenen Patienten als potentielle Probanden für eine Studie infrage kommen. Diese Patientinnen und Patienten werden auf eine Trefferliste gesetzt, die Ärztinnen und Ärzte als klinikinterne Webanwendung einsehen können. Gleichzeitig informiert sie ein Benachrichtigungstool über aktuelle Rekrutierungsvorschläge per E-Mail. Daraufhin hat die Ärztin oder der Arzt die Möglichkeit, die jeweilige Patientenakte zu prüfen und der Patientin oder dem Patienten die Teilnahme an der entsprechenden Studie zu empfehlen. Im Rahmen einer Evaluationsstudie soll das Verfahren nun geprüft werden, um weitere Optimierungsmöglichkeiten abzuleiten.