In der medizinischen Forschung sind umfangreiche Daten besonders wichtig. War es für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bislang oft kompliziert und aufwendig, an belastbare Datensätze zu kommen, soll das künftig dank des FDPG deutlich einfacher werden. Hinter der Abkürzung steht das Forschungsdatenportal für Gesundheit. Das Besondere: Erstmals werden standortübergreifend Routinedaten aus den Universitätskliniken und mittlerweile auch von nichtuniversitären Standorten für die medizinische Forschung zur Verfügung gestellt.
Das FDGP wurde und wird im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MII) entwickelt. Diese wiederum wurde 2018 ins Leben gerufen und hat unter anderem das Ziel, dass Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten sowie Forschende in Zukunft Zugang zu erforderlichen Informationen bekommen. Das Bundesforschungsministerium fördert die MII mit über 480 Millionen Euro, das Forschungsdatenportal ist seit 2022 in Betrieb. Die MII-Koordinationsstelle wird von der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF) geleitet, die auch das FDPG betreibt.
Patientendaten aus der Routinebehandlung
Die Daten und auch Bioproben, die das FDPG auf Anfrage zur Verfügung stellt, stammen aus deutschen Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen.
„Genutzt werden Patientendaten, die in der Routinebehandlung standardmäßig anfallen, sie werden nicht extra gesammelt“, erklärt Dr. Philip Kleinert, Bioinformatiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der TMF. „Die Daten verbleiben in dem Klinikum, in dem die Patientinnen und Patienten behandelt wurden. Sie werden in sogenannten Datenintegrationszentren aufbereitet und für konkret beantragte Forschungsprojekte nach intensiver Prüfung und ausschließlich mit Einwilligung der Patientinnen und Patienten in pseudonymisierter Form an die beantragenden Forschenden herausgegeben.“
Das Besondere am FDPG: Die Forschungsdaten werden von der MII so standardisiert, dass es möglich ist, die Daten aus mehreren Universitätskliniken datenschutzgerecht zusammenzuführen.
„Klinikerinnen und Kliniker können so auf einer deutlich größeren Datenbasis forschen. Diese große Datenbasis unterstützt die Hypothesengenerierung, die Vorbereitung von klinischen Studien und die Versorgungsforschung. Forschungsergebnisse werden besser vergleichbar und reproduzierbar“, betont Kleinert.
„Der Bedarf der Forschung ist gewaltig, insbesondere in Bezug auf neue Anwendungsmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz in der Patientenversorgung und die fokussierte Erforschung von seltenen Erkrankungen.“
Kreis der Berechtigten wurde ausgeweitet
Hatten zum Start des Portals 2022 zunächst nur Forschende der Standorte der MII die Chance, die Daten zu nutzen, ist der Kreis der Berechtigten mittlerweile erweitert: „Forschende Unternehmen können, wie andere Einrichtungen auch – ausschließlich für medizinische Forschungszwecke – beim FDPG einen Antrag auf Datennutzung stellen“, sagt Kleinert. „Wird das zugrundeliegende Forschungsprojekt von einer Ethikkommission befürwortet und der Antrag von den Use-and-Access-Committees der beteiligten Kliniken genehmigt, erhält das forschende Unternehmen die beantragten Daten in codierter Form.“ Aufbau und Betrieb des Datenportals befinden sich aktuell in öffentlicher Förderung, derzeit sei die Nutzung kostenfrei. Sowohl die Forschungsprojekte als auch die Ergebnisse werden im FDPG für alle einsehbar veröffentlicht. Bisher sind laut Kleinert rund 600 Personen aus der akademischen und der privatwirtschaftlichen Forschung im FDPG als Nutzerinnen und Nutzer registriert.
Lange Liste an weiteren Plänen
Auch wenn das FDPG als übergreifende Infrastruktur an allen Universitätskliniken aktiv ist, so weiß Kleinert den Sitz der TMF in Berlin-Mitte zu schätzen: „Hier kommen Forschende mit Infrastrukturentwicklern und Klinikern zusammen, finden wissenschaftliche Symposien und Vernetzungstreffen statt. Außerdem ist die Nähe zu anderen Verbänden, wie zum MFT – Medizinischer Fakultätentag und VUD – Verband der Universitätsklinika, von Vorteil.“
Die Liste der weiteren Pläne das FDPG ist lang. „Es hapert noch an einigen Ecken und Enden, da die heterogene Forschungslandschaft in Deutschland nicht von einem Tag auf den anderen in Einklang gebracht werden kann“, sagt Kleinert. „Die Harmonisierung von Routinedaten bleibt eine Herausforderung, die noch nicht abgeschlossen ist.“ Obendrein seien unter anderem mehrere Kerndatensatzmodule in Arbeit, die den Datenbestand erweitern werden. Außerdem sollen die Beantragungsprozesse optimiert und die Herkunft der Daten ausgeweitet werden: Mit Informationen aus dem ambulanten und regionalen Bereich sowie von Krankenkassen und medizinischen Registern.
Weiterführende Links:
- Webseite des FDPG: https://forschen-fuer-gesundheit.de/
Das Interview wurde durchgeführt von Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital / Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH.