Einreichung bis
Bekanntmachung des BMBF vom 23.11.2018

Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Daten hat erhebliche Auswirkungen darauf, wie wir leben, wirtschaften und arbeiten. Man spricht auch vom „Digitalen Wandel“. Daten werden als „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ betrachtet. Durch neue technologische Entwicklungen bieten sich vielfältige und neuartige Möglichkeiten z. B. hinsichtlich Datenerfassung, -auswertung und -interpretation. Dies hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheitsforschung und -versorgung.

Die verfügbare Menge elektronischer Daten aus der biomedizinischen Forschung und der medizinischen Versorgung wächst rasant. Dabei werden nicht nur diese Daten, sondern zunehmend auch Daten aus anderen Quellen erfasst und verknüpft, wie z. B. Lifestyle-Daten. Zudem stehen leistungsfähige Analysewerkzeuge zur Verfügung, mit denen es immer besser gelingt, diese Datenmengen zu erschließen. Die kontinuierliche Fortentwicklung der datenverarbeitenden Systeme und Methoden sowie neue Ansätze der Medizininformatik eröffnen bisher ungeahnte Möglichkeiten. Es werden große Erkenntnis- und Effektivitätsgewinne durch Big Data-Anwendungen erwartet. Die Verarbeitung von Big Data erfolgt dabei zunehmend automatisiert und mit Hilfe selbstlernender Systeme. Künstliche Intelligenz verleiht der biomedizinischen Forschung und der medizinischen Versorgung eine neue Dynamik.

Die Digitalisierung hat das Potenzial, absehbar weite Teile der Gesundheitsforschung und -versorgung nachhaltig zu verändern. Nicht nur die Art, wie wir Forschung und Wissenschaft betreiben, sondern auch Diagnose, Behandlung und Pflege von Patientinnen und Patienten werden sich voraussichtlich deutlich verändern. Anwendungen, die auf modernen Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) basieren (e-Health), wie beispielsweise elektronische Patientenakten, die Telemedizin oder Computer-basierte Expertensysteme, werden dabei auch neue Perspektiven in der Gesundheitsversorgung mit innovativen und individuellen Präventions- und Behandlungskonzepten eröffnen. Durch den verbesserten Datenaustausch zwischen Forschung und Versorgung bis hin zu einzelnen Patientinnen und Patienten deutet sich an, dass die Grenzen zwischen beiden Bereichen zunehmend durchlässiger werden.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die mannigfaltigen Konsequenzen der Digitalisierung in Gesundheits­forschung und -versorgung und deren mögliche Auswirkungen auf individueller, organisatorischer und gesellschaft­licher Ebene zu identifizieren und zu reflektieren. Die Verwendung von Big Data im Gesundheitsbereich und die Dynamik, die diese z. B. bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz entwickelt, fordert dabei nicht zuletzt auch unser gesellschaftliches Werteverständnis heraus.

Des Weiteren ergeben sich Herausforderungen für den normativen bzw. regulativen Rahmen der Gesundheitsforschung und -versorgung. Es bedarf einer frühzeitigen Analyse, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit gesundheitsrelevanten Daten sowie mit den darauf basierenden digitalen Gesundheitsinnovationen gelingen kann. Chancen und Risiken der Digitalisierung und des medizininformatischen Fortschritts sollten dabei auf Basis eines fundierten wissenschaftlich-technologischen Verständnisses sorgfältig abgewogen und ausbalanciert werden. Dabei müssen die unterschiedlichen Interessenlagen der jeweiligen Akteure angemessen berücksichtigt werden, die Daten zur Verfügung stellen, erheben, verarbeiten und nutzen, sowie darauf basierende Innovationen entwickeln und vermarkten.

Ausgehend davon können sich Fragen beispielsweise auch im Hinblick auf mögliche Auswirkungen der Digitalisierung auf etablierte Strukturen und Systeme in Gesundheitsforschung und -versorgung stellen, etwa für die verschiedenen Akteure und Professionen sowie deren Interaktion und Rollenverständnisse. Des Weiteren stellen sich neue Anforderungen an unser Verständnis von Wissenschaft und biomedizinischer Forschung und die Art, wie wir diese unter den Bedingungen des digitalen Wandels betreiben wollen. Darüber hinaus sind auch übergeordnete gesellschaftliche Herausforderungen zu beachten, die unser traditionelles Wertegefüge berühren. Hier sind u. a. Fragen nach unserem Selbstverständnis oder Teilhabe- und Solidaritätsfragen von Bedeutung. Der digitale Wandel ist ein globales Phänomen, das neue Perspektiven für die Gesundheitsforschung und die Gesundheitsversorgung eröffnet, u. a. für internationale Kooperation und Vernetzung. Der Umgang mit den Herausforderungen durch die Digitalisierung in anderen Kultur- und Rechtssystemen sollte daher gleichfalls analysiert und bei der Entwicklung von Handlungsoptionen berücksichtigt werden.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt, im Förderschwerpunkt „Ethische, rechtliche und soziale Aspekte der modernen Lebenswissenschaften“ Forschungsprojekte zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten (ELSA) der Digitalisierung in der Gesundheitsforschung und -versorgung zu fördern. Insbesondere kann ein Fokus in der Analyse möglicher ethischer, normativer und gesellschaftlicher Auswirkungen von Big Data-Anwendungen, der Nutzung von Künstlicher Intelligenz oder in der Medizininformatik liegen.

Ziel der Forschungsprojekte soll es sein, wissenschaftlich-technologisch fundierte Analysen und Bewertungen zu erarbeiten und gegebenenfalls Handlungsoptionen für die betroffenen Akteure aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft aufzuzeigen. Die Ergebnisse sollen einen Beitrag für einen informierten und sachorientierten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs zur Thematik leisten. Darüber hinaus soll ein Konzept für die Information von Öffentlichkeit bzw. Politik über die gewonnenen Ergebnisse erarbeitet und umgesetzt werden.

Mit dieser Fördermaßnahme leistet das BMBF einen Beitrag zum Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung und den spezifischen Förderaktivitäten im Bereich der Medizininformatik, der individualisierten Medizin sowie der gebündelten Erforschung von Volkskrankheiten.